Du machst was? – Eine Ausbildung zur Hospizhelferin? Wieso tust Du Dir das an? Das ist doch viel zu belastend dieses Thema!
Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich diese Fragen gestellt bekommen - und diese Aussage gehört habe.
Ja, was hat mich dazu getrieben, genau das zu tun?
Ich bin 44 Jahre alt, seit 21 Jahren glücklich verheiratet und habe zwei Söhne (21 und 18 Jahre alt) und stehe - wie es heißt es so schön - „mitten im Leben“.
Nach dem Abitur und der Ausbildung zur Bankkauffrau halte ich meinem Arbeitgeber in diesem Jahr 25 Jahre die Treue.
Die Hälfte meines Lebens engagiere ich mich bereits ehrenamtlich, zunächst als ausgebildete Übungsleiterin im Kinder- und Jugendturnen. Viele Jahre habe ich diverse Kinder- und Jugendgruppen geleitet und war später auch als Abteilungsleiterin, Jugendleiterin und Fachwartin in den Sportvereinen aktiv.
Im Jahr 2013 hat mich ein schwerer Autounfall abrupt ausgebremst. Für ein gutes halbes Jahr war ich mit meiner Genesung „beschäftigt“. Ich musste lernen zu akzeptieren, dass mein Gehirn nicht mehr in der Lage war, laute und vielfältige Geräusche zu verarbeiten. Somit musste ich - leider - nach mehreren Versuchen des „Wiedereinstiegs“ meine ehrenamtlichen Tätigkeiten im Bereich der Sportvereine aufgeben.
Als Mitwirkende im Schulelternbeirat-Vorstand einer Gesamtschule hatte ich ein neues Betätigungsfeld gefunden. Nach dem auch mein jüngster Sohn der Schulzeit entwachsen war, habe ich mich auf „die Suche“ nach neuen ehrenamtlichen Aufgaben begeben.
Vor mittlerweile zwei Jahren ist meine Oma verstorben. Schon die letzten Jahre wurde sie zum Pflegefall und ich habe sie gerne begleitet. Schon früh hat sie den Wunsch geäußert zu Hause sterben zu dürfen.
Ich hatte ihr versprochen, alles mir Mögliche zu tun, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Als es dann - für mich plötzlich - soweit war, fühlte ich mich zunächst mit dieser Situation überfordert. Was habe ich da nur versprochen? Diese Frage habe ich mir nicht nur einmal gestellt! Schnelle und liebevolle Hilfe und Unterstützung habe ich schließlich bei der Rüsselsheimer Hospizhilfe gefunden. Durch deren Hilfe sowie dem Einsatz des Palliativ-Care-Teams vom Leuchtturm Groß-Gerau war es letztendlich möglich gewesen, meine Oma bei ihrem letzten Weg zu begleiten und ihr ihren Wunsch zu erfüllen. Alles was ich in diesen für mich als „zeitlos“ empfundenen Tagen davor und danach erlebt habe, hat mich nachhaltig geprägt, und ich werde diese „Inselzeit“ nie vergessen. Viele besondere schöne und innige Momente wechselten sich natürlich auch mit Traurigkeit ab. Ich sehe es als großes Geschenk an, in dieser Zeit einen Menschen begleiten zu dürfen. Nach einigen Monaten mit vielen Gedanken um dieses Thema, ist mir klar geworden, dass ich eine Ausbildung zum Hospizhelferin machen werde. Mein Wunsch und Ziel ist es, auch anderen Menschen das zu ermöglichen, was ich durch die Unterstützung der Hospizhilfe erleben und erfahren durfte.
Im Mai 2019 ging es endlich los und nicht nur ich, sondern unsere komplette Ausbildungsgruppe hat alle Informationen bei den Seminartagen richtig „aufgesaugt“. Sehr schnell hatte sich unsere Ausbildungsgruppe zusammengefunden und wir alle waren von dem Inhalt der Ausbildung mehr als begeistert.
Am 27.01.2020 war es für uns „Neulinge“ soweit: wir haben mit Stolz unsere Zertifikate im Rahmen des 25jährigen Jubiläums der Rüsselsheimer Hospizhilfe entgegengenommen.
Wir sind jetzt gespannt auf „das was da noch kommt“….
Gaby Hübner